ANMERKUNGEN

Dott. Prof. Emanuela Catalano, Firenze, 2008

Abstrakte und weitläufige Gemälde von intensiven (blühende/feurige) Farben ziehen unsere Blicke auf sich. Weiche Linien stellen uns zufrieden und laden uns ein, den Dialog mit seinem Autor zu vertiefen.

In seiner abstrakten Hauptaufgabenstellung von diesen faszinierend, gemischten Techniken, scheint der Betrachter manchmal realistische Elemente zu erkennen. Wir müssen nicht denken, dass diese Gemälde zum Symbolismus gehören. Wir stehen vor einer abstrakten Wahl gleichbedeutend des Erethismus der Künstler Ungaretti und Quasimodo.
Die Gemälde sind aus wenigen Farben zusammengesetzt, gestaltet in Räumen von Einfachheit und Ruhe. In den simplen Zeichen, die das Werk bilden, spiegeln sich die einfachen Farben wieder und seine Ausarbeitung erhält eine süße Bedeutung aus der Natur, die uns umgibt. Eine ruhige Betrachtungsweise der menschlichen Inhalte aus sentimentaler Zuneigung wird uns gezeigt.

Die Analyse verrät uns das große Feingefühl aus der Seele des Künstlers und verbindet ein artistisches Talent mit einem selten inneren Reichtum. Durch die Schönheit der Malkunst, wird einem klar, dass uns der Autor abstrakte Geschichten mit Kraft und Heiterkeit erzählt und damit den Betrachter mitreisst. In den Bildern, die wir sehen, sollte man nicht übersehen, dass man eine erdrückende, soziale Instanz erkennt, die eine Überwindung über die essentiellen Schwierigkeiten des modernen Menschen ausdrückt.


Ursula Blanchebarbe, Siegen

Großzügige, deutlich formulierte, unabhängig entwickelte Farbflächen und Verläufe, dichte und durchscheinende Farblagen, zeichenhaft herausgehobene Formfiguren, Linienwege, Verwandlungen und immer die Wirkung der Farbe, ihre Strahlkraft, Dichte und Temperatur: Die Bilder von F. Baumgart- Kanena präsentieren sich als Seh-Ereignisse, als ein sich Entfalten sinnlicher Wirkungen von Malerei. Die Bilder sind komponiert. Weder Gefühlswallungen noch Kopfsetzungen spielen dabei die Hauptrolle, sondern das, was das Auge von einer Komposition verlangt und wie Gemälde damit umgehen.

Für die Gestaltungen der Einzelformen wie der Flächen dominiert ein Mittel: die Farbe. Es sind die Grundfarben und einfache Mischungen, die sich zu Flächen oder Figuren verdichten. Die Farbe wird zu all dem, was ein Bild ausmachen kann, zur Form, zur Figur, zum Gedanken, zur Tönung und Stimmung eines Ausdrucks. Der Akt des Malens:
Eine Besetzung der Leinwand mit Spuren und Zeichen von Bewegung, ein Agieren in der Zeit mit dem Ziel, ästhetisches Erleben zu formulieren. Durch den Einsatz der Farbe trahlen die Arbeiten ihre Vielschichtigkeit aus.
Die Bilder sind nicht angelegt auf das Sichüberhebende eines überblicks, das Starre eines Grundgerüsts oder das Festgelegte eines beherrschenden Systems, sondern sie entwickeln sich in den Möglichkeiten des Sich-Begegnens, der freien Entfaltung von Anziehung und Abstoßung. Aus diesen Komponenten entsteht ein Lebensgefühl, bei dem das Denken getragen wird von den Sinnen, bei dem überraschungen und Besonderhei ten zugelassen und beibehalten werden.

Für den Betrachter wächst ein Bild allmählich zusammen. Er sieht zuerst das Vereinzelte und dann die Annäherungen, gegenseitigen Beeinflussungen und Bezugsmöglichkeiten.

Wirkungen beginnen sich in den Vordergrund zu schieben. Ein Bild ist in seiner Ausstrah- lung transparent, ein anderes verschlossen, ein drittes zarter und leichter. Manchmal schemenhaft, dann wieder fest umrissen treten Figuren und Zeichen in den Kompositionen auf. Jede dieser malerischen Bildungen wirkt unverbraucht und unbelastet. Die Bildmotive entfalten sich aus sich heraus, haben ihre jeweils eigene Geschichte. Jede Malereibesteht so aus deutlich getrennten Bild-Motiven oder Malerei-Motiven, zu denen be-stimmte Farbbestimmungen gehören. Das Zusammentreffen geschieht "im" Bild, so als kämen die Motive aus verschiedenen Bildwelten und brächten sie in die gemeinsame Bildfläche mit ein.

Man sieht zunächst nicht das Bildganze, sondern man bewegt sich als Betrachter im Bild - von der Fläche zur Linie, von der dicht-deckenden zur dünn verlaufenden und zur geschichteten Farbe, von der glänzenden Farbmaterie zur matten, von der Form zur formlosen Ausbreitung. Es ist nicht möglich, alles zusammenfassend zu sehen, man trifft auf das eine, spürt den Gegensatz und die Nähe zu anderem und verliert dabei wieder anderes aus dem Blick.

Die Frage, wie sich Malerei-Motive innerhalb einer Bildfläche trennen können, und die andere Frage, wie aus dieser Getrenntheit und Unabhängigkeit doch ein Zusammenhang und eine Bildwirkung entstehen kann, lassen sich durch Anschauungserfahrung beantworten. Jedes der Motive entwickelt beim Zusammentreffen mit anderen eine eigene Energie, eine Intensität und sinnliche Besonderheit, die das Bild mit Vitalität und Selbstsicherheit füllen. Im Zusammentreffen der Motive entsteht eine eigene Spannung, es ist nie statisch. Es verwandelt sich unter den Augen. Man sieht den Kontrast zwischen gelb und rot oder schwarz, doch das eine Element, das Gelb, trennt sich wieder in eine deckende, geschlossene Form und in gemischte, offene Partien. Eine Gleichrangigkeit der Farben wird angedeutet, deren Leuchtkraft und Bedeutung eine herausragende Rolle in der modernen Malerei spielen.

Während Rot als Primärfarbe im Farbkreis naturgemäß schon lange einen festen Platz innehatte, gelang es "Schwarz" erst in unserem Jahrhundert sich als eigenständige Farbe durchzusetzen. Im Nebeneinander erwehrt sich das Rot dem Dunkel des Schwarzen, und aus der Verbindung entsteht eine eigene Farbwelt, die zusätzlich durch Figuren und Zeichen gesteigert wird, die sich in ihr bewegen. Oft tritt die leuchtende Grundfarbe Gelb hinzu. Es steigert die aus dem Rot und Schwarz gesteigerte Bildtiefe und verfügt eine räumliche Dimension, die sich auf das gesamte Werk als Orientierungspunkt überträgt.

Eine geschlossene Grundfläche ist für sich gesehen, malerisch geöffnet, eine Linie verwandelt sich zur Fläche und umgekehrt, ein kleines Element erscheint im anderen Kontext auf einmal gewichtig, oder eine geschlossene kräftig herausgehobene Form besteht selbst wieder aus eher zarten und fließenden übergängen.Auf die Beziehungen kann man sich nicht verlassen, sie wechseln wie die Motive und verstärken so deren Eigenleben. Jede Farbe und jede Form entwickelt aus diesen Bezugsspannungen und Verwandlungen ihre eigene Wirkungsqualität.

Dieses über-sich-Hinauswirken, diese innere Vitalität und sinnliche Aufgeladenheit macht das Eigenleben des jeweiligen Bildvorgangsaus. Beim Zusammenprall der Motive und ihren daraus entstehenden Veränderungen entwickelt jedes Einzelmotiv ein Mehr an Wirkung, eine Ausstrahlung, eine Deutlich- keit. Jede Form, jede Farbe lädt sich auf zu einer Raumqualität, die man erfährt als ein Hervorkommen,überlagern, Sich-Verdichten. Aus Zustandsformen werden Aktivitätsformen. Es sind die Raum-Impulse, die so in den Bildern von F. Baumgart-Kanena entstehen und aus denen man die Diskontinuität als Entfaltung nicht vereinnahmter Sinnlichkeit erfährt.